Dass Auschwitz nicht noch einmal sein darf, ist Erziehung. Man macht sich diese Forderung zwar nicht bewusst, weil das Ungeheuerliche nicht in die Menschen eingedrungen ist, doch trotzdem sind Erziehungsideale gleichgültig gegenüber der "Auschwitz-Erziehung". Die Möglichkeit der Wiederholung von Auschwitz besteht fort. Dieser drohende Rückfall in die Barbarei besteht fort, solange die Bedingungen fortdauern. Die Zivilisation wird immer das Antizivilisatorische hervorbringen, daher ist in der Zivilisation die Barbarei angelegt. Es kommt also zu einem Teufelskreis, denn es ist hoffnungslos, gegen die Zivilisation vorzugehen. Möglichkeiten zur Verhinderung der Wiederholung von Auschwitz wären, die objektiven (gesellschaftlichen und politischen) Voraussetzungen zu verändern. Man muss die Wurzeln in den Verfolgern suchen und die Mechanismen erkennen, die die Menschen so gemacht haben. Wenn man den Menschen diese Mechanismen aufzeigt, erweckt man bei ihnen ein allgemeines Bewusstsein. Eine Erziehung nach Auschwitz müsste sich auf die frühe Kindheit beziehen, weil sich die Charaktere bereits sehr früh bilden. Zudem bedeutet diese Erziehung allgemeine Aufklärung. Man muss ein gesellschaftliches und kulturelles Klima schaffen, das keine Wiederholung von Auschwitz zulässt. Es ist also eine gesellschaftliche Frage, keine psychologische, dass der Faschismus nicht zurückkehrt.
Ein weiterer Aspekt der Nicht-Wiederkehr von Auschwitz ist das Wechselspiel zwischen Bindung und Autonomie. Es darf nicht noch einmal aufkommen, dass man sich den Normen beugt. Die Empfehlung der Bindung ist fatal, denn die Menschen, die sich ihr annehmen werden, werden in einen permanenten Befehlsnotstand versetzt. Die einzige Kraft gegen das Prinzip von Auschwitz ist Autonomie. Autonomie bedeutet Kraft zur Reflexion, zur Selbstbestimmung und zum Nicht-Mitmachen.
Betrachtet man die Charaktere der Täter, gibt es drei verschiedene. Zunächst der manipulative Charakter. Man ist emotionslos, ist unfähig menschliche Erfahrungen zu machen und will wahnhaft Realpolitik betreiben. Der Typus des verdinglichten Bewusstseins lässt sich so erklären, dass die Menschen den Dingen gleich gemacht wurden und jetzt auch andere den Dingen gleich machen wollen. Man kann dies auch mit "fertig machen" beschreiben. Als drittes die Technik als verlängerter Arm der Menschen. Es ist der Typus zur Fetischisierung der Technik. Die Menschen können nicht lieben. Es liegt eine Schwelle zwischen rationalem Verhältnis und Überbewertung vor, sodass die Menschen kein weitreichendes Denken besitzen (Beispiel: Entwickler des Zugsystems für Auschwitz).
Die Unfähigkeit zur Identifikation machte Auschwitz erst möglich. Durch die gesellschaftliche Ordnung wird Kälte produziert, sodass die Menschen nicht genug lieben können, weil sie es auch nicht lernen. Man kann Eltern nicht zur Wärme animieren, weil es hierzu zur Negierung der Wärme führt, weil sie künstlich angedreht wird. Man muss den Menschen die Kälte bewusst machen, sodass sie sich verändern. Nur so kann man der Kälte in der Gesellschaft vorbeugen. Die Möglichkeiten der Erziehung nach Auschwitz sind also beschränkt. Rationale Aufklärung löst nicht die Mechanismen auf, sondern kräftigt bestimmte Gegeninstanzen. Der politische Unterricht muss sich gegen Auschwitz zentrieren. Man kann also nicht verhindern, dass Schreibtischmörder heranwachsen, sondern nur vorbeugen, dass die Knechte sich zur Wehr setzen können und nicht unterdrückt werden.
Doreen
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