Pädagogik LK Herder-Gymnasium Minden

Krappmann und Mead sind beide Theoretiker, die zum Ansatz des symbolischen Interaktionismus gehören. Ihre Ansätze haben deshalb ähnliche Aspekte, doch Krappmann hat in manchen Punkten unterschiedliche oder erweiterte Sichtweisen.
Krappmann führt viele Teilaspekte viel differenzierter und detaillierter auf.

Mead spricht bei der Identität von einer Balance zwischen dem "ME" und "I", zwischen Selbstbild und Fremdbild, doch Krappmann sieht die Balance als ein Gleichgewicht zwischen
1.widersprüchlichen Erwartungen, zum Beispiel zwischen Kindesrolle in der Familie und Schülerrolle,
2. den Anforderungen anderer und den eigenen Ansprüchen, zum Beispiel Forderungen der Eltern und Lehrer gegen dem eigenen Bedürfnis nach Freizeit und Spiel und
3. dem Bedürfnis sich selbst als einmalig dem anderen gegenüber darzustellen und somit trotz dieser Einmaligkeit die Anerkennung zu erlangen.

Ein weiterer Unterschied zu Mead ist, dass Krappmann die Identität als einen fortlaufenden Prozess der Herstellung von Gleichgewicht sieht.
Beide Theoretiker sind der Ansicht, dass sich die Persönlichkeitsentwicklung in sozialer Interaktion realisiert. Doch diese Entwicklung vollzieht sich nach Krappmann in drei Interaktionsprozesen, der Selbstdarstellung, der Interpretation des Gegenüber und des Verhandelns. Bei der Selbstdarstellung ist in diesem Fall Mead weitergehend, indem er es noch mit Me und I differenziert. Bei der Interpretation des Gegenüber liegt der Unterschied nur in der Bezeichnung des Prozesses, denn Mead erklärt dies mit dem Begriff der Antizipation. Der Prozess des Verhandelns taucht bei Mead gar nicht auf.

Krappmann unterteilt den Erwerb von Fähigkeiten im Sozialisationsprozess in vier Leistungen, die Rollendistanz, hier ist kein Unterschied zu Mead , denn er erklärt dasselbe mit der Selbstreflexion, das Role-taking, hier sind die Sichtweisen von Mead und Krappmann identisch. In den letzten beiden Leistungen unterscheiden sich ihre Sichtweisen. Die dritte Leistung ist die Ambiguitätstoleranz, hier müssen laut Krappmann konkurrierende Erwartungen ausgehalten werden und in die eigene Handlungsstrategie einbezogen werden. Die vierte Leistung bei Krappmann ist die Identitätsdarstellung, hier versuchen die Teilnehmer an einer sozialen Interaktion ihre Identität dem Anderen darzustellen und durchzusetzen. Mead spricht hier eher von Antizipation der Aussagen Anderer.

Sowohl Mead als auch Krappmann sehen die Sprache als wichtiges kommunikatives Stadium der Interaktion, denn die sprachliche Kompetenz entwickelt sich durch Konflikte in der Interaktion.

Als letzter Unterschied zu Mead ist für Krappmann nicht das Individuum Gegenstand der Analyse, sondern größere Einheiten wie Familie und Gesellschaft, denn bei Mead fehlt dieser adäquate Gesellschaftsbegriff.
Beide sehen als Ziel der Sozialisation die Gewinnung von Ich- Identität innerhalb von Interaktionen, Krappmann insbesondere die autonome Persönlichkeit, die auch für die Autonomie Anderer eintritt .